Predigt Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolf Michael Schmitz am Ostersonntag, dem 9. April 2023

/ Mai 13, 2023/ Predigten

Im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Ohne jeden Zweifel ist die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus das wichtigste Ereignis der Weltgeschichte überhaupt. Alles hat es geändert, weil es plötzlich den Menschen eine Hoffnung gegeben hat, die sie vorher nicht hatten. Nicht nur die Hoffnung auf das ewige Leben, nicht nur die Hoffnung auf ein Fortleben nach dem Tode, sondern die Hoffnung, ja die sichere Glaubensgewissheit, dass sie, wenn sie dem Willen des Vaters entsprechen wollen, durch die Barmherzigkeit Jesu Christi teilhaben an der Gottheit in der ewigen Herrlichkeit.

Wer nicht an die Auferstehung glaubt, hat diese Hoffnung nicht. Wenn die Auferstehung nicht stattgefunden hat, dann leben wir in einer absurden Welt. Dann wäre alles, was der Herr selbst getan hat, ebenso absurd. Im 15. Kapitel des Korintherbriefes sagt uns der heilige Paulus etwas über diese Absurdität, die für diejenigen besteht, die nicht an die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus glauben:  Es wäre sinnlos, Christus zu predigen. Der Glaube an ihn wäre nutzlos. Alle Zeugen und Prediger der Geschichte, die von der Auferstehung gesprochen haben, wären Lügner. Niemand könnte von der Sünde erlöst werden. Alle Verstorbenen wären auf immer verloren. Die Christen, so schließt er diese Liste der Absurditäten, wären die bedauernswertesten Menschen. Wir können hinzufügen: Wenn Christus nicht auferstanden wäre, dann wüssten wir nicht, dass es einen barmherzigen Gott gibt, der uns liebt. Wir könnten vielleicht mit den asiatischen Mythen darauf hoffen, vom angeblich immer wiederkehrenden Rad der Zeit in eine vage Göttlichkeit aufgelöst zu werden. Wir würden aber wohl, wie die meisten heidnischen Religionen, die eine persönliche Gottheit annehmen, bis auf den heutigen Tag einen Dämon verehren, der uns gänzlich fremdbestimmt und uns unter seinen despotischen Willen zwingt, dem wir uns sklavisch unterwerfen müssten; wir wüssten nichts von der Würde der Person und ihrer gottgeschenkten Freiheit, denn wir wüssten nichts von einem barmherzigen Gott, der uns liebt.

Nun aber ist Jesus auferstanden! Wie der heilige Paulus sagt, ist er denen, die gestorben sind, voran gegangen. Diese Auferstehung ist so vielfältig bezeugt, dass ihr Zeugnis die Welt im Tiefsten verändert hat, dass alles, was in der Geschichte des Christentums an Dynamischem, an Schönem, an Großem entstanden ist, die Auferstehung als Urgrund hat. Die Auferstehung Christi führt uns zum tröstenden Glauben, dass Gott uns nicht nur liebt, sondern jeden Moment unseres Lebens mit seiner voraussehenden, begleitenden und vollendenden Liebe umgibt.

Das leere Grab; die Wolke von Zeugen für die nachösterlichen Erscheinungen des Herrn; Zeugen, die so authentisch sind wie die Apostel, die ihr Leben hingegeben haben für die Wahrheit der Auferstehung; alles, was wir vom reichen nachösterlichen Gnadenleben der Kirche wissen; die vielen Milliarden von Christen, die ihr Leben auf den Glauben an die Auferstehung aufbauen sowie die fortgesetzten Wunder und Großtaten Gottes in der Geschichte der Kirche; das alles spricht lebendig von der Wahrheit der Auferstehung und sagt uns: Ja, der Herr ist wirklich auferstanden! Es handelt sich eben nicht um einen Mythos, sondern um eine geschichtliche Wahrheit, die besser und öfter bezeugt ist als viele andere geschichtliche Ereignisse, die wir nur aus wenigen Zeugnissen kennen und die auch sonst heute kaum mehr bleibende Folgen zeigen. Unser Glaube an die Tatsache der Auferstehung aber hat wichtige Folgen.

Weil wir aus Zeugnissen und Tatsachen wissen, dass Herr in Wahrheit auferstanden ist, können wir ebenso an die Allmacht Gottes glauben. Wenn wir die Auferstehung leugnen würden, wir würden gleichzeitig den Allmächtigen Gott verkleinern, weil wir Ihm die Macht absprechen würden, Herr über Tod und Leben zu sein. Der Herr, Gott der Allmächtige, kann die Toten auferwecken! Er ist in Jesus Christus erstanden, um uns zu zeigen, dass Er der Sieger über den Tod ist, der nun nicht mehr endgültig unser Leben bedroht.

Die Auferstehung ist ebenfalls Zeugnis und Besiegelung des Sinnes der Menschwerdung und des Kreuzestodes in ihrer ganzen Wichtigkeit. Der Kreuzestod ist nicht der Tod eines bloßen Menschen, der aufgegeben hat und verurteilt worden ist, als Absurdität und Abschluss eines sinnlosen Lebens. Der Kreuzestod, das sehen wir vor allem durch die Auferstehung, ist ein wirkliches Erlösungsopfer! So wie die Menschwerdung den Sinn gehabt hat, dieses Erlösungsopfer vollziehen zu können, so bezeugt uns die Auferstehung, dass dieses Erlösungsopfer wirkliche Frucht getragen hat, die sich auf jedes einzelne Leben jedes Menschen bezieht, der an diese Auferstehung glaubt. Wir sind nicht mehr allein. Gott gibt uns die Gnade, die Christi Leben, Tod und Auferstehung uns verdient haben, jedes Mal, schon bevor wir uns bemühen können, während wir uns bemühen und wenn wir uns bemüht haben, damit wir an der Frucht der Auferstehung Anteil haben und alles in ihr vollendet wird.

Gleichzeitig ist die Auferstehung ein Unterpfand für unsere eigene Zukunft. Wir sind nicht verloren. Wir sind nicht nur in dieser Welt gerettet, sondern wir werden ewig leben, und wenn wir nur wollen und mit der geschenkten Gnade mitarbeiten, werden wir ewig leben in einer Herrlichkeit und einer Schönheit, die wir uns jetzt nicht vorstellen können. Die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, diese wohl bezeugte Tatsache, ist ein Unterpfand dafür, dass uns ein Erlöser, Gott und Mensch, vorausgegangen ist in die Ewigkeit, dass wir einst durch Ihn erweckt und an der Glorie teilhaben werden, die Er uns durch die Auferstehung bezeugt und verdient hat.

Das alles feiert die heilige Kirche am heutigen Tag: Das große, einzigartige, geschichtsumstürzende Ereignis der leiblichen Auferstehung des Gottmenschen Jesus Christus mit allen seinen wunderbaren Folgen für unser Heil. Wir haben, wenn wir an diese reichbezeugte Auferstehung glauben, eine neue Hoffnung!  Wir haben ein neues Leben!  Wir sind neue Menschen! Wir können mit dem heiligen Paulus rufen: „Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg?“ (1 Kor 15, 55). Deswegen dürfen wir in den liturgischen Lobgesang der Kirche einstimmen und singen: „ Scimus Christum surrexisse a mortuis vere: Tu nobis victor rex, miserere! Amen, alleluja.