Predigt vom 6. Januar 2021, Fest der Erscheinung des Herrn

/ Januar 13, 2021/ Predigten

Kloster Maria Engelport

Predigt von Msgr. Prof. DDr. R. Michael Schmitz

6. Januar 2021, Fest der Erscheinung des Herrn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Was haben die Heiligen Drei Könige mit unserer Zeit zu tun? Handelt es sich nicht viel mehr um eine fromme Legende, eine Ausschmückung der Heiligen Schrift, die uns zu Herzen geht, die uns aber eigentlich nichts mehr zu sagen hat? Ein solches Vorurteil entspricht nicht den exegetischen Tatsachen. Nicht nur die Häufigkeit von Sterndeutern in der Zeit Jesu, sondern auch viele andere Anzeichen weisen darauf hin, dass es sich hier ganz wie in der gesamten Erzählung der Kindheitsgeschichte unseres Herrn Jesus Christus um ein historisches Ereignis handelt. Dazu hat gerade einer unserer Priester, Kanonikus Gregoire de Guillebon, ein besonders tiefgehendes Buch geschrieben. Diese Tatsachen brauchen daher nicht das Thema unserer Predigt zu sein. Diese soll vielmehr zeigen, dass die Heiligen Drei Könige uns eine ganz konkrete Botschaft für unsere Zeit bringen können. Eine Botschaft, die uns allen heute täglich nützlicher sein kann, nämlich die Botschaft über die Art und Weise, wie man mit Herodes umgeht. Wie ist es mit der weltlichen Gewalt? Wie ist es mit der Autorität, der wir begegnen? Wie sollen wir uns verhalten?

Die Heiligen Drei Könige, die vom Stern geleitet von weit her nach Jerusalem kamen, haben zunächst einmal Erkundigungen eingezogen, ob jemand von dem neugeborenen König gehört habe. Diese Erkundigungen kommen zu Ohren dessen, den die Kirche in der Liturgie mit Recht crudelis Herodes, den grausamen Herodes, nennt. Daraufhin lässt er heimlich die Magier, die Könige, die Sterndeuter zu sich kommen. Was tun diese? Sie entziehen sich dem Ruf der staatlichen Autorität nicht. Sie gehen an den Hof des Herodes, denn sie wissen aus dem Naturrecht, was der heilige Paulus lehrt: „Es gibt keine Obrigkeit außer von Gott.“ (Römer 13, 1). Die Könige gehen also, weil sie gerufen sind. Nicht nur das: Sie gehen und bedienen sich der Hilfe der Autorität, denn mittlerweile hatte Herodes selbst Erkundigungen eingezogen und wusste, dass vorausgesagt war, der Messias würde in Betlehem geboren werden.

So gehen sie auch auf den Hinweis des Herodes, auf den Hinweis der Autorität hin nach Betlehem. Dort aber finden sie zunächst die klare Bestätigung Gottes. Sie finden den Stern, der ihnen wieder leuchtet, der ihnen den Weg zeigt und sie zur Krippe führt. Sie haben sich dazu des Hinweises der bis dahin noch legitimen Autorität bedient. Sie haben eine Bestätigung dieser Autorität insofern erhalten, als auch Gott ihnen zeigt: „Ja, Betlehem ist die Geburtsstätte dessen, den Ihr sucht.“

Als sie das Jesuskind aber finden, berührt sie unmittelbar jene größere Autorität, der wir uns alle unterwerfen müssen. Sie begegnen der Autorität Gottes. Sie gewinnen den Glauben, sie fallen in die Knie und beten den neugeborenen König der Welt an. In dieser Anbetung, zu der wir alle eingeladen sind, in dieser Geste der Demut vor dem allmächtigen Gott erhalten sie nicht nur die Fülle des Glaubens an das Geheimnis der Menschwerdung, sondern sie erhalten auch höhere Einsicht und größere Weisheit. Dann wissen sie, wer Herodes wirklich ist: Sie begreifen plötzlich, wie sie sich der ungerechten Autorität gegenüber verhalten müssen, die ihre Legitimität verloren hat. Sie gehen auf einem anderen Weg in Ihr Land zurück. Sie folgen nicht dem Gebot des Herodes, sondern sie folgen der Klugheit und Weisheit, die von oben kommt.

Der Maßstab ihres Handelns ist nicht mehr die menschliche Autorität, weil die menschliche Autorität durch ihre Grausamkeit und Ungerechtigkeit ihre rechtmäßige Gewalt verspielt hatte. Ihr Maßstab ist die Autorität Gottes. Daher gehen auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück. Sie folgen hier mit weiser Klugheit der Maxime, die der Herr selbst später in den bekannten Ausspruch fassen sollte: „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ (Matthäus 10, 16). Sie greifen nicht sinnlos die ungerechte Autorität an, die sie hätte zerstören können, sondern mit Klugheit und Weisheit, die aus dem Glauben kommt, umgehen sie diese falsche Autorität und folgen dem Hinweis Gottes.

In der langen Geschichte der Kirche haben nicht nur die Heiligen Drei Könige so gehandelt, sondern viele Heilige, viele Bekenner und sogar viele Märtyrer, die sich bis zum Schluss dem ungerechten Zugriff der Autorität haben entziehen können, weil sie sich dem weisen Urteil Gottes unterworfen haben. Sicher, wenn es dann dazu kommt, dass man sein Leben geben muss, um den Glauben zu bekennen, dann wird sich der, der den Maßstab seines Lebens aus dem Glauben nimmt, dem nicht feige entziehen. Doch bis dahin gibt es viele Wege, die Gott uns weisen wird, im Vertrauen auf den Stern Gottes, der uns durch den Glauben hell voranleuchtet, Wege zu finden, unser christliches Leben auch dann zu leben, wenn eine ungerechte Autorität von außen versucht, dieses christliche Leben zu unterdrücken oder uns selbst Schwierigkeiten zu bereiten. Wir dürfen mit den Heiligen Drei Königen den Stern Gottes, den Glauben, nicht aus den Augen verlieren. Der Glaube nämlich ist der eigentliche Maßstab des christlichen Lebens!

Gott ist auch der Maßstab, an dem sich alle Autorität messen muss. Ja, alle Autorität kommt von Gott, wie der heilige Paulus sagt, aber nur dann und nur solange, als sie dem Gesetz Gottes folgt. Wenn wir merken, dass dieser große Maßstab, dass der Stern Gottes, der die Autorität führen soll, verdunkelt wird, dann müssen wir wie die Drei Könige handeln und auf einem anderen Weg Gott dienen, auf dem Weg nämlich, den uns der Glaube vorschreibt. Das ist die Botschaft, die wir von den Heiligen Drei Königen lernen können, das ist die Botschaft, die aus der Krippe heraustönt, das ist die Botschaft, die wir von der göttlichen Weisheit erhalten, wenn wir anbeten und uns demütig vor Gott niederwerfen. Dann verlieren wir nie den Stern, dann verlieren wir nie den Maßstab des Glaubens. Der Glaube wird uns den richtigen Weg zeigen, einen Weg an allen Schwierigkeiten vorbei oder durch sie hindurch: Den Weg, unseren Glauben zu bewahren, den Weg, unsere Seele zu retten und den Weg, mit den Heiligen Drei Königen schließlich jene Heimat zu finden, wo wir für immer das Jesuskind anbeten können! Amen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.