Predigt vom Fronleichnam 2021

/ Juni 9, 2021/ Predigten

Kloster Maria Engelport

Predigt von Msgr. Prof. DDr. R. Michael Schmitz

Fronleichnam 2021

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

„Wollt auch ihr gehen?“ Das ist eine entscheidende Frage, die der Herr heute den Aposteln und jedes Mal aus dem Allerheiligsten Sakrament des Altares auch uns stellt: „Wollt auch ihr gehen?“ Diese Frage kam aus dem Mund des Herrn in dem Moment, als er ganz offen seine Gegenwart unter den heiligen Gestalten von Brot und Wein verkündet hatte, als er gesagt hatte, ja, mein Leib ist eine wahre Speise und mein Blut ist ein wahrer Trank. Kurz nachher begannen selbst seine Jünger zu murren; es heißt in der Heiligen Schrift ganz offen: „Von da an zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm.“ (vgl. Jo 6, 48-71).

Deswegen stellt er seinen Jüngern diese Frage: „Wollt auch ihr gehen?“ Wenn wir heute in die Kirche blicken, dann haben viele den Glauben an die wahre Gegenwart des Herrn verloren, weil sie den Glauben an die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus verloren haben. Darum verlassen sie den Herrn in Seiner Kirche.

Angesichts dieser Krise müssen wir uns ebenfalls fragen, ob unser Glaube an die Gegenwart des Herrn in der Heiligen Eucharistie vielleicht etwas Überholtes ist, etwas, das wir besser loswerden? Oder ist dieser Glaube so eng mit Gott und unserem Gottesglauben verbunden, dass, wer glaubt, dass Christus Gott ist, auch weiß, dass er in der Heiligen Eucharistie gegenwärtig sein kann?

Zunächst lehrt uns die Kirche dazu die Tatsache der Wesensverwandlung, die das Konzil von Trient Transsubstantiation genannt hat. Das wahre Wesen, das Seiende, das unter dem liegt, was bloß dem Auge erscheint, kann in der Tat von Gott geändert werden, denn Gott hat alles erschaffen. Er, der der Schöpfer aller Dinge ist, hätte nicht die Kraft, die Dinge in ihrem eigentlichen Wesensstand, in ihrem Sein zu ändern?  Der Sonne und Mond geschaffen hat, der, auf dessen Wort hin alles entstanden ist, sollte nicht die Kraft haben, aus Brot den Leib des Herrn und aus Wein sein Blut zu machen?
 Wer das bezweifeln wollte, würde im gleichen Moment sein ganz kleines Gottesbild offenbaren. Ein Gottesbild eines nicht allmächtigen Gottes, eines Gottes, der nicht alles tun kann, was schon logisch in der göttlichen Macht steht.

In Wirklichkeit aber glauben wir und wissen wir, dass Gott der Schöpfer aller Substanzen ist und die Dinge somit in ihrem innersten Wesen bildet und erhält. Daher kann Er in das Innere der Dinge eingreifen und es ändern. Weil aber die Kraft der Gottheit in Jesus Christus wohnt, in dem die zweite Person des dreifaltigen und allmächtigen Gottes Mensch geworden ist, kann der Herr in dem Moment der heiligen Wandlung die Substanz des Brotes in Seinen Leib und die Substanz des Weines in sein Blut verwandeln. Er wird uns so Speise und Trank zum ewigen Leben. Wer das leugnete, würde in Wahrheit leugnen, dass Christus Gott ist.

Doch das Geheimnis geht noch weiter, denn in der Heiligsten Eucharistie wird uns ja nicht nur die Gegenwart des Herrn, sein Leib und sein Blut, geschenkt, es wird uns vielmehr die Gegenwart des geopferten Herrn geschenkt. Es wird uns geschenkt, dass wir im Moment der heiligen Wandlung mit Maria, den frommen Frauen und Johannes unter dem Kreuz stehen dürfen. Es wird uns geschenkt, dass die Zeit, die Gott geschaffen hat, gleichsam unterbrochen und alles Gegenwart wird, was er uns in seinem Opfer geben wollte. Wir wissen, Gott ist der Herr der Zeit, alles liegt in seinen Händen. Er ist Anfang und Ende der Schöpfung, Anfang und Ende aller Dinge, Anfang und Ende unseres eigenen Lebens. Er ist der König der Zeit!

Daher kann er, gegenwärtig in der heiligen Menschheit Jesu, die Zeit aufbrechen, er kann sie anhalten, er kann in ihr alles gegenwärtig machen, was Er ist und will, nämlich sein ganzes Sein und Handeln. So ist es auch mit dem Opfer Christi, das in dem Moment zeitlos wird, als der Gottmensch seinen Geist aufgibt und seinen Leib und sein Blut für uns opfert. Diese Zeitlosigkeit ist eine Eigenschaft Gottes: Daher ist die Gegenwart des Heiligen Opfers in der Heiligen Eucharistie ein Wunder, das Gott aus seiner zeitlosen Größe jederzeit zu unserem Heile wirken kann. Seit dem letzten Abendmahl tut er dies in jeder Heiligen Messe!

Schließlich aber – und das hat den Jüngern den größten Anstoß gegeben – gibt uns der Herr seinen geopferten Leib und sein vergossenes Blut zur Speise und zum Trank. Er sagt ganz ausdrücklich im 6. Kapitel des Johannes Evangeliums, das wir heute gelesen haben: „Mein Leib ist eine wahre Speise und mein Blut ist ein wahrer Trank.“ Der Herr, der uns alles gibt, der Herr, der uns geschaffen hat und von dem wir in jedem Moment unseres Lebens völlig als Geschöpfe abhängen, kann uns immer geben, was er will: Er gibt uns manchmal Dinge, die wir schwer tragen können, als heilsame Prüfung und Sühne für unsere Sünden. Doch in seiner Barmherzigkeit gibt er uns meistens gute Dinge: Er gibt uns Nahrung für unseren Geist in seinem unveränderlichen Wort und er gibt uns Nahrung für unseren Körper und unsere Seele in der Schöpfung, die uns immer wieder in ihrem Reichtum und ihrer Schönheit vor Augen steht.

Die größte Gabe, die er uns aber gibt, ist diese wahre Speise und dieser wahre Trank, die Speise und Trank zur Ewigkeit sind. Wie könnte man leugnen, dass der Herr aller Dinge, dass der Herr der Zeit, dass derjenige, der uns als liebender Gott alles gibt, wessen wir bedürfen, uns nicht geben könnte, was uns zum ewigen Leben gereicht? Gott ist kein so ein kleiner Gott, dass er uns nicht in dem Leib und dem Blut unseres Herrn Jesus Christus geben könnte. Diese einzigartige Gabe empfangen selbst die Engel nicht. Wir aber empfangen sie, weil wir sie nötig brauchen, um gerettet zu werden und in den Himmel zu kommen. Würde er nicht in der Lage sein, uns die Speise des Ewigen Lebens zu geben, dann wäre er nicht der rettende Gott, als der er uns erschienen ist.

Deswegen muss unsere Antwort auf seine Frage eindeutig sein.  Wir müssen wie die zwölf Apostel den Glauben an die Eucharistie und die Gegenwart des Herrn klar bekennen. Wir wissen, dass, wenn wir diesen Glauben nicht bekennen, wir an Gott selber zweifeln, der sich uns so großartig offenbart hat. Deswegen können wir heute mit Petrus sagen: „Herr du allein hast Worte des ewigen Lebens.“ Wenn der Herr uns aus der Eucharistie heraus immer wieder fragt: „Wollt auch ihr gehen?“, dann müssen wir vor der Welt Zeugnis ablegen wie die Apostel. Bekennen wir also heute und allezeit dankbar und mutig unseren Glauben an die Heiligste Eucharistie und an Christi dort substantiell gegenwärtige geopferte Menschheit und allmächtige Gottheit.

Der heilige Papst Leo der Große hat schon im 5. Jahrhundert gegen die zahlreichen Irrlehren seiner Zeit folgendes gesagt: „Eine mächtige Schutzwehr ist ein Glaube, der rein, ein Glaube, der wahr ist, zudem niemand etwas hinzufügen, von dem niemand etwas wegnehmen kann. Bleibt der Gaube nicht ein und derselbe, so ist das kein Glauben… An dieser [Glaubens]Einheit, Geliebteste, haltet unerschütterlichen Sinnes fest. In ihr erstrebet eure ganze Heiligung. In ihr befolgt die Gebote des Herrn!“ (Vierte Predigt auf Weihnachten)

Wenn wir also die Frage des Herrn an uns gerichtet hören: „Wollt auch ihr gehen?“, dann antworten wir Ihm klar und eindeutig: „Herr, wir bleiben bei Dir!“. Wir halten an der überlieferten Glaubenseinheit fest und zweifeln nicht an der Gottheit des Herrn! Entgegen aller Irrlehren der Zeit, entgegen aller Irrtümer, die man uns nahelegt, bekräftigen wir: Wir wollen bleiben! Wir wollen glauben! Wir wollen mit der Kirche aller Zeiten mutig bekennen, wenn wir die Eucharistie anbeten: „Wahrer Gott, wir glauben dir, du bist mit Gottheit und Menschheit hier!“ 

Amen.