Predigt vom Sonntag, dem zweiten Weihnachtstag 2021 in Kloster Maria Engelport

/ Januar 22, 2022/ Predigten

Predigt vom Sonntag, dem zweiten Weihnachtstag 2021 in Kloster Maria Engelport

Msgr. Rudolf Michael Schmitz

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wer ist dieses Kind? Das ist die entscheidende Frage der Menschheitsgeschichte. Daran scheiden sich die Geister. Nicht erst heute, sondern bereits in der Zeit Christi, war das die Frage, die alles änderte. Will ich an dieses Kind in der Krippe glauben oder will ich mich von ihm abwenden und der Welt folgen?

Wer ist dieses Kind? Ganz eindeutig verkünden alle Propheten des Alten Testaments die Identität des Kindes in der Krippe. Das Kind, das von einer Jungfrau geboren worden ist, ist der Messias, den schon die großen Propheten Jesaja, Jeremias und Ezechiel vorhergesagt haben. Dieses Kind ist der Retter, auf den das Volk Israel gewartet hat. Als seine Eltern, Maria, seine Mutter, und Joseph, sein gesetzlicher Vater, in den Tempel kommen, wundern sie sich was alles über dieses Kind gesagt wird. Wieder erscheint ein Prophet und sagt ihnen: Das ist der Messias, an dem viele zu Fall kommen, das ist der Heiland, den das Volk Israel erwartet.

Das Volk Israel hatte aber noch eine begrenzte Auffassung der Aufgabe des Herrn. Viele erwarteten das äußere, politische Heil des Volkes. Sie wussten nichts von der Erbsünde. Sie wussten nicht, dass der Messias, dass dieses Kind in der Krippe eine viel weitergehende Aufgabe hat. In diesem weiteren Sinn ist ein wichtiger Ehrentitel, der dem Messias von den Propheten gegeben wurde, auch dem Herrn von den Aposteln gegeben worden, die an ihn glaubten. Als der Herr sich nämlich an die Apostel wendet und fragt: Für wen aber haltet ihr mich? Da gibt der Apostel Petrus die große Antwort: „Du bist der Christus, du bist der Gesalbte Gottes“! (vgl. Mt 16, 18-18). Damit bekannte er, dass Jesus, anders als die gesalbten Könige Israels, nicht nur mit heiligem Öl, sondern durch die Vereinigung der Menschheit mit der Gottheit mit dem Salböl Gottes, als Mensch mit der göttlichen Natur gesalbt worden ist. Jesus ist daher schon in der Krippe der endgültig Gesalbte, der göttlich Gesalbte, auf den alle Völker der Menschheit gewartet haben.

Wenn wir vor der Krippe stehen, dann sehen wir daher das Ebenbild des Gesalbten aller Zeiten. Wir sehen das Bild des göttlichen Kindes, das gekommen ist, um uns Heil zu bringen. Deswegen ist der große, der eigentliche Titel des Herrn, der des Erlösers, des Heilandes. des Immanuel, des Gott-mit-uns.  Wenn wir vor der Krippe stehen, sehen wir das Kind, das uns das Heil bringt. Das Kind, das uns von der Erbsünde erlöst. Das Kind, das die Sünde nicht nur hinwegnimmt, sondern uns auch mit seiner Gnade hilft, die bleibend ungeordnete Begierde in unserer schwachen Natur zu überwinden und nach Seinen Geboten zu leben. Das Jesuskind ist der Heilbringer, von dem wir allein das Heil erwarten können. Nichts Anderes wird dieser Welt den Frieden bringen als dieses Kind, das für uns in der Krippe liegt.

Deswegen hat schon die frühe Kirche diesem Heilbringer, demErlöser, den Immanuel, den großen Namen des Kyrios, des Herrn, beigelegt. Kyrie eleison, so beten wir in jeder heiligen Messe: Herr, erbarme dich unser. Vor uns in der Krippe liegt der Herr der gesamten Menschheit. Dort liegt der, vor dem sich alle Knie beugen müssen und dürfen. Dort liegt der, den wir alle als König verehren. Der König aller Könige hat sich zu einem schwachen Kind gemacht, damit wir wissen, dass die Majestät Gottes zu uns kommt in der Sanftheit, der Milde, der Güte und der Liebe eines Kindes. Der König, der uns mit seiner göttlichen Gewalt alle beherrschen könnte, macht sich ganz klein, damit wir keine Furcht vor ihm haben und damit der Titel Kyrios, Herr, nicht mit Zittern von unseren Lippen kommt, sondern mit jenem Vertrauen, das wir zu Dem haben, der uns das Heil gebracht hat.

Daher ist die letzte Antwort auf die Frage: Wer ist dieses Kind?, jene Glaubensantwort, die wir heute alle erneuern. Dieses Kind ist nicht bloß ein wahrer Mensch, dieses Kind in der Krippe ist Gott! Gott der Allmächtige, der mit seiner ganzen Kraft in Jesus Christus gegenwärtig ist. Gott, vor dem alle Furcht, vor dem alle Sünde, vor dem alles Böse weichen muss. Immanuel, Gott, der sich uns geneigt hat, der für immer mit uns ist! Das Kind in der Krippe ist Gott! Das ist die entscheidende Antwort, die alle Titel des Herrn, alle seine Ehrentitel, alle die Titel, die die Propheten vorausgesagt haben, zusammenfasst und vollendet. Christus ist Gott: Das war das Bekenntnis der frühen Kirche und ist das Bekenntnis der Kirche noch heute. Alles andere, was wir in der Kirche sagen können, tritt dahinter zurück. Es ist vielleicht von Bedeutung, aber vor dem Bekenntnis der Gottheit Christi sekundär. Wir alle, die wir hier vor dem Altare Gottes beten, sehen in diesem Kind jenen großen, allmächtigen, ewigen Gott, der aus der Stille der Ewigkeit zu uns gekommen ist und vor dem nichts Böses Bestand hat. Deswegen kann auch nur gerettet werden, wie der Herr immer wieder sagt, der glaubt, dass Christus der Sohn Gottes ist. So heißt es im 16. Kapitel des Markusevangeliums (Mk 16, 16): Nur wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden.

Deswegen ist es diese Frage, die allentscheidende Frage, die wir uns von dem Kind in der Krippe stellen lassen: Wer, glaubst du, bin ich? An diesem Weihnachtstag wollen wir unseren uns Rettung bringenden Glauben erneuern und Ihm sagen, indem wir in unsere Knie sinken: „Du bist der König, Du bist der Messias, Du bist der Immanuel, Du bist der Heiland, Du bist der Gesalbte. Vor allen Dingen bist Du der Herr, mein Gott; mein Gott, der Kind geworden ist, um mich zu erlösen und mit mir alle Menschen guten Willens“. Wenn wir diesen Glauben, den Glauben der Kirche aller Zeiten, heute erneuern, dann werden wir und viele andere mit uns durch den Herrn, der unser Gott ist, gerettet werden. Amen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.