Predigt Msgr. Prof. Dr. Dr. Rudolph Michael Schmitz, Äußere Festfeier des Heiligsten Herzens Jesu

/ Januar 19, 2023/ Predigten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Ökosysteme: Wir hören allenthalben davon, dass es wichtig ist, sie aufrecht zu erhalten. Man spricht uns so viel von den Ökosystemen der Natur, dass wir es schon fast gar nicht mehr hören können. Trotzdem ist es sicher wahr, dass unser Planet klein geworden ist, dass das, was in einem Land geschieht, auf die anderen einen großen Einfluss hat. Wenn irgendwo ein großer Vulkan ausbricht, dann mag sich hier das Wetter ändern. Wenn in einem Land die Luft verschmutzt wird, dann hat das einen Einfluss auf die ganze Gegend. Wenn irgendwo Tiere oder Pflanzen in großem Ausmaß getötet werden, dann wird das ganze Gleichgewicht der Natur gestört. Der Vandalismus der Menschen, die die Natur nicht mehr als Geschenk Gottes ansehen, macht es nötig, Ökosysteme zu schützen!

Viel wichtiger aber als die Ökosysteme der Natur sind die Ökosysteme der Seelen. Gott hat am Anfang alles, die Natur und die Krone der Schöpfung, den Menschen mit Leib und Seele, in einem perfekten Gleichgewicht geschaffen. Alles lief damals nach seinem göttlichen Willen! Überall war Harmonie, Einheit und Liebe. Das Ökosystem der Seelen aber und damit auch schließlich das Ökosystem der Natur ist zerstört worden durch eine einzige Sünde, durch eine Abwendung der Menschheit von Gott in Hochmut und Undankbarkeit. Und seither, obwohl Gott in Seiner großen Liebe, die Er zu uns besitzt und die niemals aufhört, immer wieder eingegriffen hat, obwohl Er uns Mahner geschickt hat, Propheten und Verkünder Seines heiligen Willens, haben die Sünden der Menschen, die im Letzten auf den Hochmut und die Undankbarkeit zurückgehen, das feine Ökosystem der Seelen geschädigt.

Heute sehen wir es deutlich, im ganzen Westen: Kleine Gruppen von Menschen, die sich anscheinend ganz vom Ökosystem Gottes für die Seelen abgewandt haben, kleine Splittergruppen, die statt dem Willen Gottes der Widernatur, der Perversität, der Abnormalität und damit dem Bösen folgen, können das ganze große Gleichgewicht, um das sich die Kirche im Namen Gottes jahrtausendelang bemüht hat, in Unordnung bringen. Sie können ganze Gesellschaften in die Dekadenz herabgleiten lassen und sie können das Böse, was sie im Kleinen tun, auf große Mengen der Gesellschaft übergreifen lassen, weil das Gleichgewicht Gottes zerstört ist. Wenn dieses Gleichgewicht, das Gott am Anfang gut und harmonisch geschaffen hatte, uns selbst, den Sündern überlassen wäre, dann würde die Waage des Bösen sich tief, ganz tief herunterneigen, dann wäre es bereits zu spät!

Dann aber ist das geschehen, was wir nicht erwarten durften, weil es ein freies Gnadengeschenk des allmächtigen Gottes ist. In diese Waagschale, die schon ganz dem Bösen zugeneigt war, hat Er ein Herz geworfen, das Herz Seines Sohnes, das durch das große Geheimnis der Menschwerdung das Herz Gottes selbst geworden ist. Gott selbst hat in Christus ein Herz angenommen, um das Gleichgewicht unserer Herzen wieder herzustellen. Er selbst hat Sein sündloses Herz geopfert, um die Sünde zu zerstören und damit die Waage der Harmonie zwischen Seinem Willen und unserem Willen wieder tatsächlich in die Einheit Seiner göttlichen Herrlichkeit zu bringen. Wenn Gott Sich nicht entschlossen hätte, tatsächlich ohne unser eigenes Zutun, ohne jeden Verdienst der Menschen Sein Herz öffnen zu lassen, dann wäre das Gleichgewicht der Erde für immer verloren gewesen. Nicht nur das Ökosystem der Seelen, sondern auch das Ökosystem der Natur!

Wir wissen, dass Gott Sein Herz geöffnet hat, wir wissen, dass Er uns damit den unergründlichen Reichtum seiner Liebe zeigen wollte, wir wissen, dass aus Seinem Herzen Blut und Wasser geströmt sind, das Blut, das gegenwärtig bleibt auf unseren Altären in jeder hl. Messe und das Wasser der Sühne, Versöhnung und Vergebung, das uns in einem unendlichen Strom in den Sakramenten der Taufe, der Krankensalbung und der Beichte immer wieder angeboten wird. Durch das Blut und Wasser aus Seinem offenen Herzen wird alles gereinigt, wird alles wieder hergestellt, wird die große Waage des Universums wieder zurück in den Willen Gottes balanciert. Und dadurch werden wir alle fähig, dem Bösen, das im Kleinen zerstörerisch wirkt, im Kleinen, nämlich in unserem Leben, die große Gnade Gottes entgegenzusetzen.

Mach, dass mein Herz werde wie Dein Herz! Das sollen wir jeden Tag beten, damit auch unser Herz in die Waagschale des Guten geworfen werden kann. Damit das, was wir im Kleinen, im Unscheinbaren, in unserem täglichen Leben an Liebe zeigen, an Nächstenliebe und Gottesliebe, das Böse zurückdrängen kann. So wird die Waage, in der schon für unser Heil das Herz Jesu sein wollte, noch mehr dem Guten zuneigen, weil wir durch das große Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes das ergänzen können, was an den Leiden Jesu Christi noch fehlt, wie uns der hl. Paulus dieses Geheimnis der stellvertretenden Wiedergutmachung erklärt (vgl. z. B. Kol 1, 24).

Alles, was wir in unseren Herzen nach dem Willen Gottes tun, wird die Normalität wieder herstellen, wird das Perverse zurückdrängen, wird das Unnatürliche natürlich machen und wird die Vielen, die vom Teufel verführt, durch unsere Sünden skandalisiert oder sonstwie dem Weg des Glaubens der Kirche entfremdet sind, retten und ihr Herz umgestalten, wenn wir nur bereit sind, unsere Herzen umgestalten zu lassen.

Das priesterliche Herz Jesu Christi ist ein Herz, das stellvertretend für uns alle gelitten hat. Besonders wir Priester müssen in einem Leben des Opfers und der Entsagung diesem Wege folgen! Nur dann wird das priesterliche Herz Jesu Christi in der Kirche wieder für alle sichtbar werden. Beten sie deswegen für die Priester und für gute Berufungen!  Denken Sie aber auch daran, dass auch Sie alle in der Taufe zu dem einen Volk von Priestern, Königen und Propheten gehören, dass auch Ihr Herz ein königliches Herz geworden ist, und dass alles, was sie in Ihrem Herzen nach dem Willen Gottes tun, ein großes Gewicht hat.

Das Heiligste Herz Jesu wird das Gleichgewicht wieder herstellen, weil es ein Gleichgewicht der Gnade ist, die uns geschenkt ist. Zögern wir keinen Augenblick, den Willen Gottes in unserem Herzen täglich zu tun und immer wieder durch die Sakramente zu erneuern, wenn wir gefallen sind. Vereinigen wir unsere Herzen mit dem Herzen Jesu, so wie die Herzen Mariens und Josephs mit Ihm vereinigt waren. Rufen wir mit der ganzen Kirche am heutigen Tag, damit das Gleichgewicht des göttlichen Ökosystems der Gnade wieder hergestellt wird und das Gute über das Böse siegt: Herr, mach mein Herz zu Deinem Herzen, gestalte mich um und mache mich neu! Amen.